Die Orte Le Havre und Honfleur liegen sich genau gegenüber und sind nur durch den Fluss Seine getrennt. Wollte man aber bis in die 1990er-Jahre mit dem Auto von Le Havre nach Honfleur (oder weiter) fahren, musste man einen Umweg von knapp 30 Minuten über die Brücke "Pont de Tancarville" in Kauf nehmen. Das hat viele Jahre lang die Entwicklung der Normandie stark gehemmt.

Daher entschloss man sich zum Bau einer Brücke, die die Hafenstadt Le Havre mit dem Städtchen Honfleur verbinden und die Flussmündung der Seine überqueren sollte: Die Brücke Pont de Normandie. Übersetzt bedeutet der Name so viel wie "Normandie-Brücke" oder "Brücke der Normandie" heißt.

Wegen der Stürme in der Normandie für eine Schrägseilbrücke entschieden

Lange Zeit wurde eine Hängebrücke favorisiert, schlussendlich entschied sich jedoch der französische Brückenbau-Ingenieur Michel Virlogeux und sein Team aufgrund der Stürme in der Normandie für eine Schrägseilbrücke, da sie unempfindlicher gegen Seitenwinde ist.

Von 1988 bis 1994 wurde gebaut: 70.000 Kubikmeter Beton und ca. 19.000 Tonnen Stahl wurden benötigt. Die Baukosten für die Pont de Normandie beliefen sich auf - umgerechnet - mehr als 340 Millionen Euro.

Nach knapp einem Jahr umfangreicher Belastungstests, wurde die Schrägseilbrücke "Pont de Normandie" am 20.01.1995 eröffnet und verbindet seitdem das Département Seine-Maritime mit dem Département Calvados.

Im Internet wird vielfach nach ihr als "Le Havre Brücke" gesucht, wenn man ihren Namen nicht kennt. Dabei ist die Bezeichnung nicht ganz richtig, denn streng genommen stehen die Brückenpfeiler der Nordseite nicht auf dem Stadtgebiet von Le Havre, sondern auf dem Boden von Sandouville, einer kleinen Gemeinde etwas außerhalb von Le Havre.

Außerdem wird diese lapidare Bezeichnung nicht der Bedeutung gerecht, die diese Brücke für die Region hat.

Da die nächstgelegene Brücke, die Pont de Tancarville, knapp 30 Kilometer weiter ins Landesinnere liegt, ist die Pont de Normandie eine wichtige Lebensader für Tourismus und Warenverkehr. Nahezu der gesamte Verkehr in Richtung Bretagne fließt über diese Brücke und ein Großteil des Verkehrs in der Normandie, wenn man in die Départements Calvados oder Manche fahren möchte.

Zudem ist die Pont de Normandie ein Meisterstück an Ingenieurskunst und eine Brücke der Superlative. Zu ihrer Eröffnung war sie die größte Schrägseilbrücke der Welt. Sie hat eine Länge von insgesamt 2141 Meter.

Durchfahrtshöhe für Schiffe von 52 Metern

Nach 777 Kilometern ist Schluß. Das Wasser der Seine, dass zuvor an Paris, Giverny oder Rouen vorbeigefloßen ist, mündet bei Le Havre mündet ins Meer. Hier fließt die Seine in den Ärmelkanal.

Gleichzeitig sind Le Havre, aber auch Rouen, wichtige französische Häfen für Frachtschiffe. Um die Seine entsprechend schiffbar für Containerschiffe, Frachtschiffe und Kreuzfahrtschiffe zu machen, hat die Brücke eine Durchfahrtshöhe für Schiffe von 52 Metern, gemessen am höchsten Wasserstand. Nur so können die Ozeanriesen ungehindert in die Häfen von Le Havre und Rouen einlaufen.

Die Pont de Normandie hat eine Steigung von bis zu 6 Prozent und überspannt die Seinemündung mit einer Länge von 856 Metern. Die Brücke ist somit - selbst fast 30 Jahre nach ihrer Eröffnung – die größte Schrägseilbrücke Europas, gemessen an ihrer Spannweite. Die Pylone sind 215 Meter hoch und wiegen mehr als 20.000 Tonnen. Die 60 Meter tief im Erdreich verankerten Pfeiler sind mit einer 9 Meter dicken Betonschicht umgeben. So kann die Brücke auch einen Zusammenstoß mit einem Ozeanriesen standhalten.

Pont de Normandie - es fallen Mautgebühren an

Über die Pont de Normandie verläuft auf jeweils 2 Spuren die Autobahn A 29 / E 44. Wie vielerorts in Frankreich auf Autobahnen üblich, fällt auch Maut für die Nutzung der Pont de Normandie an.

Wie leider immer in Frankreich kurz vor Mautstationen, gibt es auch an der Mautstation vor der Pont de Normandie keine festen Fahrbahnmarkierungen.

Halten Sie daher frühzeitig Ausschau nach dem jeweiligen Piktogramm über der Mautstation: CB für Kreditkarte oder ein Kartensymbol, ein Trichter mit Münzen für Bargeld oder ein orangenes "t" für Télépéage, elektronische Mautboxen. Die Mehrzahl der Fahrspuren sind für Kartenzahlung. Für Barzahlung sind in der Regel nur wenige Spuren geöffnet, manchmal auch nur eine einzige Spur. Hier werden dann Münzen in eine Art Trichter geworfen, um die Maut zu bezahlen.

Da die Zahlung mit der Kreditkarte / Bankkarte in Frankreich viel beliebter ist als in Deutschland, sind die Mehrzahl der Spuren nur für Zahlung mit Karte. Stehen Sie dann in falschen Fahrspur, weil Sie z.B. mit Bargeld bezahlen möchten, müssen Sie die Spur wechseln, was sehr umständlich ist.

Wenn Sie sich also für eine Fahrspur entschieden haben, stellen Sie sich am besten gedanklich eine Fahrbahnmarkierung vor, um Kurs auf die richtige Bezahlweise zu nehmen. Das hilft, unnötige Spurwechsel zu vermeiden. Gerade in der Ferienzeit kommt es öfters zu Staus an der Mautstation der Pont de Normandie, auch weil Autofahrer vorher nicht aufgepasst haben und sich nun mühsam in eine andere Spur einfädeln müssen und der Verkehr sich dahinter staut.

Übrigens: Bei zu starkem Wind dürfen Lkws die Brücke über die Seine nicht mehr passieren, da sie dem Wind sonst zu viel Angriffsfläche bieten würden.

Für Fußgänger und Radfahrer ist die Überquerung gratis, ebenso fällt keine Maut für Motorräder an.

Nicht vorenthalten möchte ich Ihnen, dass es auch kostengünstigere Möglichkeiten gibt die Seine zu überqueren. Wenn Zeit keine Rolle spielt, dann sollten Sie eine Überquerung der Seine über die Pont de Tancarville in Anbetracht ziehen. Oder Sie nutzen die kostenlosen Fähren über die Seine, die Bacs de Seine, die sich allerdings in der Nähe von Rouen befinden. Wenn Sie allerdings auf dem Weg in Ihr Urlaubsquartier in die Normandie oder die Bretagne sind, dann sollten Sie die paar Euro für die Pont de Normandie schon allein wegen dem tollen Ausblick investieren. Schließlich werden Sie schon einige Hundert Kilometer Fahrtstrecke von Deutschland hinter sich haben. Vom Großraum Köln / Bonn aus gemessen ist die Pont de Normandie nämlich 605 Kilometer - oder 6,5 Stunden Fahrzeit - entfernt.

Pont de Normandie - Eine großartige Sehenswürdigkeit in der Normandie

Vielleicht fragen sich jetzt einige von Ihnen, warum die Pont de Normandie für mich eine Sehenswürdigkeit ist?

Ganz einfach: Obwohl die Brücke hauptsächlich aus Spannbeton und Stahlseilen besteht, verschandelt sie die Landschaft nicht. Ganz im Gegenteil, sie wirkt schwerelos und elegant. Selbst nachts ist die Pont de Normandie schön anzusehen, wenn die Brücke, dank ausgeklügelter Technik, effektvoll beleuchtet wird.

Die Fahrt über die Brücke ist überwältigend. Wenn man die Steigung überwunden hat und den Höhepunkt der Brücke erreicht hat, empfindet man ein tiefes Gefühl der Freiheit. Für wenige Sekunden erhält man einen überwältigen Blick auf die Seine, die "da unten" ins Meer fließt und das schöne Örtchen Honfleur bzw. auf Le Havre, wenn man in die Gegenrichtung fährt.

Wenn Sie gerne fotografieren oder wandern gehen, sollten Sie die grandiose Aussicht der Pont der Normandie nutzen. Suchen Sie sich einen windstillen Tag aus und überqueren Sie die Brücke zu Fuß. Eine Strecke ist ungefähr 4 Kilometer lang. Hierfür habe ich zu Fuß etwas mehr als 1 Stunde an Zeit gebraucht.

Auch eine Überquerung mit dem Bike ist möglich. Es gibt in beide Fahrtrichtungen jeweils einen Geh- und einen Radweg. Allerdings ist der Radweg schmal und verläuft direkt neben der Fahrbahn, wo Autos, Wohnmobile und LKWs mit 80 km/h an Ihnen vorbeifahren. Sie sollten also ein sehr geübter und nervenstarker Fahrradfahrer sein.

Andernfalls rate ich Ihnen schon allein wegen der Steigung und des starken Gefälles davon ab mit einem Fahrrad die Pont de Normandie zu überqueren. Zudem hat uns ein Leser angeschrieben und seine eigenen Erfahrungen als Radfahrer auf der Brücke geschildert: "Die Sogwirkung von vorbeifahrenden Lastwagen ist schon enorm!"

Wenn Sie zusätzlich ca. 30 Minuten Zeit haben, sollten Sie das Besucherzentrum auf der Brückenseite von Le Havre (Nordufer) aufsuchen. Hier wird über die Geschichte der Pont de Normandie, Entstehung und Technik informiert. Gebühren fallen hierfür nicht an. Es ist kostenlos.